Dezentrale soziale Netzwerke sind der Gegenentwurf zu Facebook, Twitter & Co, deren Geschäftsmodell auf Werbung und dem Sammeln von Daten beruht. Software und Daten sollten nicht einem Unternehmen gehören, sondern allen.
Der NSA-Skandal 2013 hat gezeigt, dass alle Daten, die sich auf Servern in einem Staat befinden oder dort durch Knotenpunkte fließen, fremden Zugriffen ausgesetzt sind, z. B. von Geheimdiensten. Staatliche Akteure verschaffen sich nicht nur unbemerkt Zugang zu den Daten von Millionen von Bürgern, indem sie Sicherheitslücken ausnutzen, sondern auch schlicht und einfach dadurch, dass sie Unternehmen zur Herausgabe von Daten zwingen können. So haben die USA seit 2018 mit dem CLOUD Act ein Gesetz, das heimische Unternehmen zur Herausgabe von Daten zwingt, selbst wenn die Daten auf ausländischen Rechenzentren gespeichert sind.
Einige der größten Datenkraken sind soziale Medien und soziale Netzwerke. Das liegt an ihrer Finanzierung, denn alle großen Netzwerke werden von privaten Unternehmen betrieben. Deren Geschäftsmodell beruht darauf, so viel wie möglich über die eigenen Kunden herausfinden. Um Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten zu erhalten, muss ein Unternehmen also die Daten seiner Nutzer sammeln. Denn nur so kann es lukrative, zielgerichtete Werbung schalten.
Die Firmen hinter den in Deutschland und Europa meistgenutzten sozialen Medien sitzen in den USA, darunter Facebook, Twitter, Youtube und Instagram. Somit fallen alle Menschen, die Teil dieser Netzwerke sind, unter den Einfluss der US-Regierung. Der Cambridge Analytica Skandal hat gezeigt, dass selbst private Werbepartner von Facebook dessen Datenbestand anzapfen können.
Die gängige Praxis, dass der “kostenlose” Zugang zu sozialen Medien mit den eigenen persönlichen Daten “bezahlt” wird und diese Daten zentral bei einem Unternehmen liegen, ist ein Unding. Es ist auch ein Strukturproblem, das solange erhalten bleiben wird, wie es zentrale Plattformen gibt, die versuchen, so viele Nutzer wie möglich an sich zu binden.
Einen radikal anderen Weg gehen dezentrale oder auch verteilte, soziale Netzwerke. Deren Server befinden sich auf der ganzen Welt und können sogar von Privatpersonen betrieben werden. So wird der Zugriff von staatlicher Seite oder von Kriminellen erschwert, denn wenn ein Knoten des Netzwerkes korrumpiert ist, bedeutet das nicht, dass das gesamte Netzwerk betroffen ist. Für ein einzelnes Unternehmen ist es dadurch wesentlich schwieriger, die Daten der Nutzer des gesamten Netzwerkes zu sammeln und zu verbinden.
Wenn verteilte, soziale Netzwerke ihre Beiträge und Nachrichten über offene Standards austauschen, können sich sogar verschiedene Netzwerke miteinander verbinden. Das wäre in etwa so, als wenn 2009 die Nutzer von StudiVZ sich mit den Nutzern von Facebook auf ihren jeweils unterschiedlichen Plattformen unterhalten hätten. Der Begriff “Fediverse” beschreibt die Gesamtheit aller auf diese Weise föderierten Netzwerke. Doch das “Fediverse” ist ein Thema für sich. Darum wird es im nächsten Blogbeitrag gehen.